Gegen das Vergessen – Ein Aufruf zu Menschlichkeit, Freiheit und Verantwortung

Das Jahr 2025 markiert 80 Jahre seit der Befreiung der Konzentrationslager und dem Ende des Zweiten Weltkriegs. Diese Zeit erinnert uns an die grausamsten Verbrechen gegen die Menschlichkeit. Die Ereignisse jener Jahre dürfen niemals in Vergessenheit geraten, denn sie mahnen uns, eine Wiederholung der Geschichte unter allen Umständen zu verhindern. Doch trotz des Versprechens „Nie wieder“ zeigt sich, dass die Lehren aus dieser Zeit längst nicht überall gezogen wurden.
Das Versprechen, das nach dem Zweiten Weltkrieg formuliert wurde, scheint brüchig geworden zu sein. Laut einem Bericht von Amnesty International aus dem Jahr 2023 gingen staatliche Stellen in 86 Ländern unrechtmäßig gegen Demonstranten vor. Diese Zahl ist erschütternd, denn sie repräsentiert mehr als die Hälfte der untersuchten Staaten.
Während wir uns an den Zweiten Weltkrieg erinnern, dürfen wir die Augen nicht vor den aktuellen Menschenrechtsverletzungen verschließen. Frauen, die unterdrückt werden, Homosexuelle, die in manchen Ländern verfolgt werden, oder Kinder, deren Rechte missachtet werden, sind Belege dafür, dass Freiheit und Gerechtigkeit auch heute keine Selbstverständlichkeit sind. In der westlichen Welt wird Freiheit oft als selbstverständlich angesehen. Doch in vielen Teilen der Welt bleibt sie ein unerreichter Traum. In Ländern wie Afghanistan, Iran oder Nordkorea erleben Menschen massive Einschränkungen ihrer Grundrechte. Kritiker werden inhaftiert, Frauen ihrer Rechte beraubt, und Minderheiten systematisch verfolgt.
Der Kampf gegen das Vergessen darf daher nicht nur die Gräueltaten der Vergangenheit betreffen, sondern muss sich ebenso auf die Missstände der Gegenwart konzentrieren.
Das Erinnern an den Holocaust und die Verbrechen des Nationalsozialismus ist eine moralische Verpflichtung, die über das bloße Gedenken hinausgeht. Es ist ein Aufruf, aus der Geschichte zu lernen und sicherzustellen, dass solche Verbrechen niemals wieder geschehen. Doch die Realität ist leider mehr als ernüchternd: Weltweit erleben wir Verstöße gegen grundlegende Menschenrechte. Auch die politischen Entwicklungen in Europa geben Anlass zur Sorge. Rechte und nationalistische Bewegungen gewinnen an Einfluss und verbreiten eine Ideologie der Spaltung und Intoleranz. Diese Entwicklungen zeigen, wie wichtig es ist, die Mechanismen der Vergangenheit zu verstehen, um sie in der Gegenwart zu erkennen und rechtzeitig zu bekämpfen.
Diese Realität macht deutlich, dass Freiheit kein universelles Gut ist, sondern ein Privileg, das verteidigt werden muss. Auch Demokratien sind nicht immun gegen Tendenzen, die Grundrechte und Freiheiten einschränken wollen. Es ist die Verantwortung jedes Einzelnen, gegen diese Entwicklungen Position zu beziehen und sich aktiv für eine gerechte und freie Welt einzusetzen.
Bildung ist ein entscheidender Faktor im Kampf gegen das Vergessen. Kinder, Jugendliche und Erwachsene müssen lernen, die Bedeutung von Freiheit und Menschenrechten zu verstehen und zu schätzen. Historisches Wissen allein reicht dabei aber nicht aus – es bedarf einer Vermittlung von Empathie und Verantwortungsbewusstsein.
Schulen spielen eine zentrale Rolle in diesem Prozess. Sie müssen Orte sein, an denen Toleranz, Respekt und Solidarität nicht nur gelehrt, sondern auch vorgelebt werden. Projekte, die sich mit den Gräueltaten des Zweiten Weltkriegs und den heutigen Menschenrechtsverletzungen befassen, tragen dazu bei, ein Bewusstsein für die Bedeutung von Freiheit und Gerechtigkeit zu schaffen. Auch die Erwachsenenbildung darf nicht vernachlässigt werden. Viele Menschen sind sich der Bedeutung von Freiheit und Menschenrechten nicht bewusst oder nehmen sie als zu selbstverständlich hin. Öffentlichkeitskampagnen und Diskussionen müssen dazu beitragen, ein breiteres Bewusstsein für diese Themen zu schaffen.
Die Erinnerung an die Befreiung vor 80 Jahren ist nicht nur ein Gedenken an die Vergangenheit, sondern auch ein Aufruf an die heutige Generation, Verantwortung zu übernehmen. Doch angesichts von Krisen, Konflikten und Ungerechtigkeiten besteht die Gefahr, dass das persönliche Engagement für Menschenrechte in den Hintergrund rückt. Diese Gleichgültigkeit darf nicht die Oberhand gewinnen. Jeder von uns hat die Möglichkeit, einen Beitrag zu leisten – sei es durch politisches Engagement, die Unterstützung von Menschenrechtsorganisationen oder den Einsatz für soziale Gerechtigkeit im Alltag.
Europa, einst Schauplatz unvorstellbarer Gräueltaten, ist heute ein Ort, der von Werten wie Freiheit, Gleichheit und Solidarität geprägt sein sollte. Doch die Realität zeigt, dass diese Werte nicht überall unangefochten sind. In vielen Ländern gewinnen leider rechte Parteien an Einfluss, die eine Politik der Ausgrenzung propagieren.
Gleichzeitig gibt es Grund zur Hoffnung. Überall auf der Welt setzen sich Menschen für Freiheit, Gerechtigkeit und Menschenrechte ein. Junge Aktivisten, gemeinnützige Organisationen und engagierte Bürger arbeiten daran, die Lehren aus der Vergangenheit in der Gegenwart umzusetzen und eine bessere Zukunft zu gestalten.
"Nie wieder" ist mehr als nur eine Phrase – es ist eine Verpflichtung, die wir gegenüber den Opfern der Vergangenheit und den Menschen der Gegenwart haben. Der Kampf gegen das Vergessen erfordert, dass wir nicht nur die Geschichte erinnern, sondern auch die Lehren daraus auf die heutigen Herausforderungen anwenden.
Die Frage, die allerdings im Raum steht lautet: „Mensch, hast du vergessen oder hast du nichts gelernt?“ Haben wir aus der Geschichte wirklich gelernt, oder sehen wir nur zu passiv zu, wie sich ähnliche Muster wiederholen?
Die Antwort darauf liegt in unseren Händen. Nur durch aktives Engagement, Empathie und den Willen zur Veränderung können wir sicherstellen, dass Freiheit, Gerechtigkeit und Menschenwürde keine leeren Worte bleiben, sondern universelle Rechte für alle Menschen werden.
ANDRE Sacha (Colmar-Berg)