Die Beschaulichkeit ist leider dahin!

Weicherdingen:
Eine Wegstunde von Clerf entfernt, ist eine reizvolle Öslinger Höhenortschaft, die den typischen Dorfcharakter bis vor einigen Jahren noch fast erhalten hatte.
Aber das *Village fleuri“ mit Dorfcharakter von 1988, durch die Erhaltung älterer Häuser oder wegen der Umwandlung in schmucke Ferienwohnungen, ist heute im Dorfbild fast ganz verschwunden.
Wegen des immer grösseren Bedarfes an Bauland, wurden auch die Dörfer immer attraktiver bei den Bauherren.
Bereits 1978 beschrieb Professor Tony Bourg seine Ansichten und Gedankengänge zu seinem Öslinger Heimatort Weicherdingen.
Er zeichnete darin ein detailliertes und zutreffendes Bild der 70ziger Jahre, zutreffend auf viele Öslinger Dörfer.
Er hielt uns den Spiegel vor, wie sehr sich sein Dorf verändert hatte.
Die Schule steht verlassen neben der Kirche, das Pfarrhaus war zu dieser Zeit bereits desakralisiert und die Kinder fuhren johlend zu den Lehrern des Kantonalhauptortes.
Weicherdingen hatte sich in der Zeit der schmutzigen Verstädterung in eine Art Fremdenindustrie entwickelt und dort wo früher die Kühe langsam herauskamen, um zum Weideplatz getrieben zu werden, gehen jetzt im Sommer die Touristen ein und aus.
Früher arbeiteten alle auf den Feldern, sogar der Lehrer wenn seine Frau aus dem Dorfe stammte; vor jedem Hause stand ein Misthaufen, auf dem die Hühner als Selbstversorger jahraus jahrein scharrten und gackerten. .... »
Natürlich hat der Bauboom der letzten Jahre auch vor dem idyllischen Weicherdingen von 1978-1988 nicht Halt gemacht, und die Lebensqualität seiner Bewohner wurden somit stark vermindert.
Die Veränderungen sind seit 1988 weiter gegangen und heute sind nur noch einige der alten Bauernhäuser und Handwerker- und Tagelöhnerhäuser (Fotos) teilweise dem Dorf erhalten geblieben.
Gott sei Dank ist in Weicherdingen die schöne Zwiebelturmkirche nicht nur sprichwörtlich im Dorf geblieben, denn Dank Pfarrer Josy Zeimen und dem Weicherdinger Kirchengesang ist Weicherdingen bis jetzt auch die wöchentliche Sonntagsmesse noch erhalten geblieben.
Aber die Kirmes-Prozession am 1. Oktavsonntag findet seit 2022 nicht mehr statt.
Jede Medaille hat zwei Seiten, der Wachstum pauschal auch, ob es nun die Wirtschaft, die Bevölkerung oder den Bauboom betrifft, ist verflechtet!
Und die baulichen Dorfveränderungen schritten immer noch weiter fort, durch massive Eingriffe in den Dorfcharakter.
Sogar um den jetzigen 2023 baulichen Zustand des historischen Bauernhofes «A Stolper» (Besitzer ist heute das rote Kreuz) sieht es momentan nicht gut aus, denn an den der Bausubstanz nagt bereits sichtlich der Zahn des Verfalls
Was würde der Professor wohl heute über seine Heimatortschaft schreiben? Wie würde sein Urteil ausfallen?
Gibt es noch einige Dörfer in Lande Luxemburg, welche bisher vom Bauboom-Vandalismus verschont geblieben sind?
Ich denke wohl nur wenige, wenn überhaupt.
Durch eine dichtere Besiedlung ist das beschauliche Dorfleben oft dahin!
Pol Sassel