Ich finde es bedauerlich, dass wir hier in dem kleinen Land Luxemburg, dessen Einwohnerzahl  mit einer mittleren Großstadt zu vergleichen ist, unsere Probleme von einer Wahlkampagne zur anderen mitschleppen müssen. Ich bin nicht der Meinung, dass während der 5 Jahre Amtszeit von der vergangenen Regierung nichts geleistet wurde. Ich erlaube mir aber die Frage zu stellen, wieso die gleichen Parteien, die während 10 Jahren das Sagen und die Macht hatten, die Probleme eines kleinen Volkes zu lösen, dies nicht geschafft haben und schon wieder einen dicken Katalog mit Versprechen und Hoffnungen aufstellen konnten, ohne sich selbst die gleiche Frage zu stellen zu dem Wieso. Es ist halt einfacher die aufgeblasene Bilanz zu dem zu veröffentlichen, was umgesetzt wurde, als sich zu den Versäumnissen zu bekennen. Es sind aber diese, die wir als Bürger verspüren und unter denen wir zu leiden haben. Verkehr, Wohnungsbau, Steuerungerechtigkeit, Gesundheitsbereich um nur einige der schlimmsten Baustellen aufzuzählen.

Dafür können wir aber stolz sein, in einer Statistik europaweit den dritten Platz zu belegen und gar auf das Podium zu kommen um die Bronzemedaille in Empfang zu nehmen. Leider in einem negativen  Bereich: in der Steigerung der Verbraucherpreise für Haushalte. Es sind natürlich wieder die Kleinverdiener die bitter unter dem Zustand leiden müssen. Auch unsere Prokopf-Verschuldung kann sich sehen lassen. Die nächsten Generationen werden uns dankbar dafür sein.

Es müßte doch eigentlich möglich sein, in dem kleinen Kaff Luxemburg die wirklich guten Politiker aus allen Schichten unter einen Hut zu bringen, damit sie miteinander ihre Talente, Berufs-und Lebenserfahrungen, Formationen und Kontakte einsetzen könnten zum Wohle der Bevölkerung. Es ist für den Bürger, dem sich im Moment in einer Art Prostitution die Politiker anbiedern und um seine Stimme betteln, eine kalte Dusche, wenn er mitbekommt wie im Parlament die Gewählten sich gegenseitig bekämpfen. Sie haben uns alle versprochen unserem Land zu dienen und wenn es darauf ankommt, zählt nur noch der Parteiwille gegen jegliche Vernunft. Wir leben in einer Demokratie, das zeigen die freien Wahlen. Danach sind wir eher in einer Diktatur den Entscheidungen der Regierung ausgeliefert ohne dass wir uns Gehör verschaffen können, wenn wir nicht einverstanden sind. Es würde den Oppositionsparteien nicht schaden, wenn sie öfters die Regierungsparteien unterstützen würden und umgekehrt. Es kann doch nicht sein, dass nur letztere die einzig richtige Wahrheit gepachtet haben.

Allerdings spielt hier der Faktor Mensch eine große Rolle. Politiker sind Machtmenschen und Macht ist eng mit Geld verbunden. Wer möchte schon auf dem Gipfel seiner Wünsche mit anderen teilen? Im Gegenteil, der erreichte Posten wird mit allen Mitteln gegen Anfeindungen verteidigt, auch wenn diese nicht immer koscher sind.

Aus diesem Grund entstehen auch regelmäßig neue Parteien. Es ist halt einfacher, als Fahnenträger mit einer kleinen Anhängerschaft aufzutreten, als sich in einer großen Partei unterzuordnen. Ich bin aber der Meinung, dass diejenigen Politiker, die ehrlich ihre Talente einsetzen wollen zum Wohle der Bürger, sich ihren Platz in einer bereits bestehenden Partei suchen sollten. Nur so können sie mithelfen, alte marode Strukturen aufzufrischen und zu erneuern. Aber wenn die Bereitschaft fehlt, Verantwortung zu übernehmen, dann ist es halt einfacher herumzustänkern und den Großen ans Bein zu pinkeln.

Festgefahrene Strukturen in Frage zu stellen und versuchen sie zu verbessern, wäre eine Aufgabe der neuen Regierung, was den ganzen Verwaltungsbereich angeht. Manche Prozeduren sind zu schwerfällig und nehmen viel Zeit in Anspruch. Das beste Beispiel ist des Gesetzesprojekt für jugendliche Straftäter. Die Rüge der EU zu den unhaltbaren Zuständen, dass Jugendliche zusammen mit Erwachsenen in einem Gefängnis sitzen, ist der Beweis, dass die zuständigen Politiker ihre Verantwortung nicht übernommen haben. In einem Privatbetrieb wäre ihnen bei so einem schwerwiegenden Fehler gekündigt worden. Während die betroffenen Jugendlichen unter ihren Bedingungen leiden müssen, trumpfen die Verantwortlichen ohne Schuldgefühle in der Öffentlichkeit groß auf mit Versprechen und Schönredereien.

Die Wahlschlacht die im Moment abläuft, ist ein Trauerspiel. Wann werden die Parteien zur Einsicht kommen, auf die lächerlichen Wahlplakate mit dem eingefrorenen Grinsen auf den Gesichtern der Kanditaten zu verzichten und einen Teil des Geldes gemeinsam einem Hilfswerk spenden? Wir sollten sie nach ihren Taten bewerten, nicht nach ihrem Aussehen.

Den bekannten, abgedroschenen Spruch: „Die Hoffnung stirbt zuletzt“ habe ich aus meinem Leben gestrichen.

Ben Schultheis