Gestern stand ich geduldig in der Warteschlange der Supermarktkasse und beobachtete die Mitwartenden. Vor mir stand ein Pärchen in etwa meinem Alter. Spontan fiel mir auf, dass der Mann in meinen Augen ein sehr hübsches Kerlchen war und beobachtete ihn interessiert. Rein äußerlich gefiel er mir einfach gut. Er hatte gerade die Einkäufe aufs Band gelegt, als eine ältere Dame vor ihm fragt: „Soll ich meine Einkäufe nach vorne schieben?“. Sie wollte ihm wohl mehr Platz machen auf dem Band. Er schaute sie grimmig an und fauchte regelrecht: „Nein!-Lassen Sie alles so!“ Die Dame wirkte ziemlich erschrocken und meinte unsicher: „Ich habe es doch nur gut gemeint“.

Er schaute nun noch grimmiger und wandte seinen Kopf abfällig ab. Ich war total entgeistert. Dieser äußerlich hübsche Mann war innerhalb von 2 Minuten in meinem Kopf zur hässlichen Fratze mutiert.

Ich fragte mich, wieso man so unwirsch auf seine Mitmenschen reagieren kann. Die Situation hat mich noch eine Zeit beschäftigt. Wie oft fallen wir auf Äußerlichkeiten rein? In der Gesellschaft zählt oft nur Schein statt Sein. Menschen, welche nicht auf den ersten Blick mit Merkmalen von gesellschaftlich vorgegebenen Schönheitsidealen gesegnet sind, bekommen oft gar keine Chance, Ihr Sein zu zeigen. Bei Treffen jeglicher Art werden Statussymbole diskutiert und mit geplanten Reisen oder Neuanschaffungen geprahlt.

Die letzten Wochen stolpere ich regelmäßig über Presseartikel, wo versucht wird zu eruieren, ab wann man Gutverdiener ist, oder sogar reich. Daneben wird aufgeführt, wie hoch das durchschnittliche Einkommen der Bürger ist. Den Geringverdiener macht es oft traurig oder wütend, wenn er diese Artikel liest und er fragt sich, wieso er sich tagtäglich abrackert. Der Normalverdiener runzelt die Stirn und kämpft vielleicht mit Neidgefühlen. Obwohl er glücklich ist in seinem Job, denkt er darüber nach, wie er auch mehr verdienen könnte. Und der Gutverdiener? Er zuckt die Achseln und denkt vielleicht, dass er doch nicht sooo viel verdient und er schließlich viel Arbeit und Zeit investiert hat, um dahin zu kommen.

Klar ist es schön und beruhigend, genügend Geld für das tägliche Leben und einen bisschen Luxus zur Verfügung zu haben. Aber wieviel Geld braucht man eigentlich, um glücklich zu sein?

Hängt Glück eigentlich vom materiellen Wohlstand ab?

Regelmäßig „geistert“ ein bekanntes wohlständiges Pärchen in der Fernsehlandschaft herum. Ich denke schon, dass hier nicht alles echt ist und die PR einfach für täglich Brot sorgt, aber dennoch schüttle ich den Kopf über diese scheinbar gut Situierten. Ob die wirklich glücklich sind? Schließlich teilt die Minderheit der Mitmenschen deren täglichen Sorgen: „Welche Yacht soll es denn sein? Wohin fliegen wir heute?etc…“.  Werden Dinge nicht nach einer gewissen Zeit uninteressanter, wenn wir sie plötzlich besitzen, obwohl wir uns sie so sehnlich gewünscht haben? Und wenn wir uns alle Wünsche erfüllen können, was bleibt dann? Wenn ich täglich arbeite, freue ich mich riesig auf meinen Urlaub, aber Dauerurlaub-macht das glücklich?

Öfters habe ich Menschen kennengelernt, die wenig besitzen, aber deren Augen leuchten. Sie sind hilfsbereit, herzlich und zufrieden. Vielleicht glücklich(er)? Auf der anderen Seite begegne ich täglich jammernden, unzufriedenen Zeitgenossen, obwohl es ihnen objektiv gesehen an nichts mangelt.

Für mich sind „schöne“ Menschen inzwischen diejenigen, die von innen heraus „leuchten“, d.h. für mich einen innerlichen Einklang ausstrahlen, auch montags fröhlich den Bürohörer abheben und jederzeit für ein Späßchen zu haben sind.

Jeder darf für sich seine Prioritäten definieren und nach seinen Vorstellungen leben, aber manchmal hilft ein Anhalten und Nachdenken.

Liebe Presse, wie wäre es denn mal mit einer Zufriedenheitsumfrage, statt der wöchentlichen Mitteilung wie es materiell um uns steht?

Carole Lexis-Weis