Ende Februar brach ich auf, um mein achtmonatiges Volontariat bei der Kaffee-Kooperative UCA Soppexcca in Jinotega, welche schon geraume Zeit mit Fairtrade Lëtzebuerg zusammenarbeitet, zu absolvieren. Während meiner Zeit hier werde ich zusammen mit Soppexcca an der Entwicklung eines alternativen Tourismusprojektes in verschiedenen Gemeinden Jinotegas arbeiten.

Nach zwei Monaten Schneetreiben in Luxembourg war das warme tropische Klima Nicaraguas eine willkommene Abwechslung. Nach meinem ersten Wochenende in Managua und vielen neuen Eindrücken machten wir uns am 26. Februar auf die 2-stündige Fahrt gen Norden.

Das Departmento Jinotega liegt im Norden Nicaraguas, umrandet von einem wunderschönen Hochland, in welchem einzigartiger Kaffee angebaut wird. Jinotega ist das urbane Zentrum der bergigen Gemeinde. Hier gibt es zahlreiche Naturschutzgebiete aus Kiefernwäldern und weitläufige „Fincas agrícolas“ (landwirtschaftliche Anwesen), welche sich hauptsächlich der Kaffeeproduktion widmen. Neben vielen kleine Flüssen ist da noch der riesige Lago de Apanás mit einem Wasserkraftwerk, das weite Teile der Region mit Energie versorgt. Spektakuläre Landschaft und noch unberührte Fleckchen kennzeichnen das Departamento de Jinotega.

RTL

Kleiner "Laden" in Gemeinde La Perla (v.l. Jimmy, Geneviève und Nora)

Jinotega wird auch die „Hauptstadt des Kaffees“ genannt. Nach einer ersten Kostprobe im Café „Flor de Jinotega“, welches der Kooperative angehört, wusste ich, dass die Stadt diesen Namen nicht zu Unrecht trägt. Das war wohl mit der beste Café Latte, den ich je getrunken hatte.

Die Kooperative UCA Soppexcca R.L. (Unión de Cooperativas Agropecuarias y Servicios) umfasst 18 Kleinkooperativen mit 650 ProduzentInnen und deren Familien. Soppexcca setzt auf ein partizipatives, demokratisches Arbeitsmodell, bei dem vor allem die Jugendlichen und Frauen der Kooperativen gefördert werden. Die eigene Schokoladenproduktion wird z.B. von einer Gruppe Jugendlicher geleitet, welche aus den umliegenden Gemeinden stammen. Ein anderes Projekt, bei dem Altpapier recycelt wird, wird von zwei jungen Mädchen geleitet und so gibt es viele kleine Projekte, die von Jugendlichen der Kooperative betreut werden.

In den ersten paar Tagen haben uns meine Arbeitskollegen, Mauricio und Jairo, mit in die umliegenden Gemeinden genommen, um einige der Kaffeeproduzenten kennen zu lernen. Die Fahrt führte über asphaltierte und nicht asphaltierte Straßen, an kleinen Dörfern vorbei, immer weiter ins Hinterland. Nach mehr als einer Stunde kamen wir an einen kleinen Tante-Emma-Laden an, der von Jimmy, einem 21-jährigen Mitglied der Kooperative geführt wird. Insgesamt gibt es momentan drei kleine Läden, die von Jugendlichen geleitet werden. Dort können die Menschen aus der Umgebung günstiger alltägliche Produkte erwerben als in den großen Supermärkten, die zudem sehr weit entfernt liegen. Zudem wird den jungen Leuten, die samstags noch studieren, so ermöglicht, einen kleinen Verdienst für ihre Familien zu erwirtschaften. Das Projekt läuft schon seit gut drei Jahren und vermittelt so den Jugendlichen eine Zukunftsperspektive.

Wir hatten das Glück, Jimmys Familie und deren Kaffeeplantagen kennen zu lernen. Nachdem er uns alles, was man über den Kaffeeanbau wissen muss, erzählt hatte, zeigte er uns stolz sein Haus aus Holz, welches er innerhalb von drei Monaten zusammen mit einem Freund gebaut hatte. Zurück im Laden hatte Jimmys Frau uns ein wunderbares Mittagessen mit frischem Gemüse aus deren Garten zubereitet. Die Wärme und Gastfreundlichkeit, mit der man hier in Nicaragua empfangen wird, ist wirklich einzigartig. Diese Art von Gastfreundschaft ist was ganz Wunderbares, wenn man in Betracht zieht, wie wenig Ressourcen die Menschen hier zum Leben haben.

Am nächsten Tag besuchten wir noch die anderen beiden kleinen Läden und eine Schule, die mit den Geldern der Fairtrade-Prämie erbaut worden war. Bevor es die Schule gab, mussten die Kinder teilweise fünf Kilometer bis zur nächsten Ortschaft laufen, um in die Schule gehen zu können, was gefährlich und weit war und somit auch dazu führte, das viele Kinder der Schule einfach fernblieben.

Zu Mittag aßen wir bei Don Antoños Familie. Antoño und seine Frau Norma sind Mitglieder der Kooperative und wohnen direkt neben dem kleinen Laden in der Gemeinde „Los Alpes“. In meiner ersten Woche bei Soppexcca durfte ich an einem „Workshop“ in San Rafael del Norte, einer benachbarter Gemeinde, die ca. 40 Minuten entfernt liegt, teilnehmen. Dort wurde rückblickend ein Fazit für das Jahr 2012 gezogen und die alljährliche Planung der verschiedenen Bereiche der Kooperative für 2013 in Angriff genommen. Wie man in Europa in den Zeitungen mitverfolgen konnte, gab es im letzten Jahr einen starken Pilzbefall der Kaffeepflanzen in ganz Zentralamerika sowie in Mexiko.

RTL

In den Kaffeefeldern von Jinotega

Der Pilz, „Roya“ hat ca. 35 % der Kaffeeplantagen in Nicaragua zerstört und Verluste in Millionenhöhe verursacht. Momentan spricht man davon, die Kaffeepflanzen abzuschneiden und neu zu pflanzen. Allerdings dauert es fünf Jahre, bis eine neue Pflanze gewachsen ist. Forschern zufolge ist die Hauptursache der „Roya“ im Klimawandel zu suchen, da laut offiziellen Angaben die Temperatur in Nicaragua im letzten Jahrhundert um 1,2°C gestiegen ist.

Ein weiteres Problem liegt allerdings auch bei den mangelnden Finanzierungsmöglichkeiten kleiner und mittlerer KaffeeproduzentInnen, was dazu führt, dass diese sich nicht die richtige technische Ausrüstung leisten können, um die Plagen zu bekämpfen.

Die am meisten betroffenen Gebiete liegen im Norden Nicaraguas, wo am wenigsten Niederschlag gefallen ist. Den Menschen hier ist die Sorge um ihre Existenz anzumerken. Das Hauptaugenmerk der Kooperative liegt momentan darauf, Konzepte zur Bekämpfung der „Roya“ zu entwickeln und mit Finanzierungsplänen für die kommenden fünf Jahre die zerstörten Kaffeepflanzen wieder aufzubauen.