Alles was ich weiß: Ich bin kein Marxist.

So jedenfalls Karl Marx himself sehr deutlich! Wohl weil er ahnte, wie seine Theorien das Risiko beinhalten würden, falsch interpretiert und missbraucht zu werden? Karl Marx ist auch in den diversen Biografien, die über ihn geschrieben wurden, ein immer wieder hochinteressanter Mann. Der Mensch Marx hatte ein starkes Auftreten, er konnte reden und überzeugen. Eine weitere Stärke liegt in Marx‘ ständigem Zweifel, eine eher wenig kommentierter Wesenszug. Nicht alle Texte gingen ihm einfach von der Hand. Selbstzweifel sind wichtig. Und das gilt für jeden von uns! Durch Reflexion verbessert sich die Idee. Selbstzweifel zeugen von Menschlichkeit und sind eine Herausforderung, der sich jeder Mensch stellen muss. Marx zeigte auch da Haltung und hatte diese nie aufgegeben. Auch heute würde so manchen Protagonisten der diversen Eliten dieser Welt die Fähigkeit zum Selbstzweifel sehr gut tun. Vielleicht hat die heuer weltweite Krise, die von einer in dieser Form nie erwarteten Pandemie verursacht wurde, doch so einiges an der Fähigkeit zu Selbstzweifel und dem Verlassen der diversen Irrwege des Kapitalismus‘ als Paradebeispiel dessen, was Egoismen und Gier so alles zu verbrechen fähig sind, ausgelöst.

Marx war nicht einer der revolutionären Helden wie Che Guevara, die früh gestorben sind und keine Familie hatten. Marx hat versucht seine politischen Träume zu verwirklichen und ein privates Leben zu führen. Er war ein Träumer mit utopischen Vorstellungen, aber gleichzeitig hat er sich dem Leben und der Verantwortung gestellt.Marx war geprägt von seiner Zeit, aber dennoch ein Querdenker mit viel Mut.

Die im Titel angedeutete Aussage ist eine Zusammenfassung dessen, was egal wie wohl Fakt ist: Der (falsche) „Kommunismus“ ist tot, der Kapitalismus ist krank – es lebe Karl Marx! So jedenfalls das eindeutige Statement des katholischen Marxisten Terry Eagleton, der in seinem Buch „Warum Marx recht hat“ eine Lanze für Karl Marx bricht, ein Werk, das von der internationalen Presse (u.a. Die Zeit, The Scotsman) hochgelobt wurde. Er ist übrigens nicht der erste Christ, der seinen „Erlöser“, Jesus Christus, als den ersten Kommunisten bezeichnet und diesen mit Karl Marx auf die gleiche Stufe stellt. Denn was bedeutet „communis“, das Gemeinschaftliche, das ebenfalls die christlichen Gemeinschaften prägt, in dem Sinne anderes als, so der Duden texto: mehreren gemein, allgemein, gemeinschaftlich, öffentlich, gleichstellend, demokratisch, leutselig und freundlich? Unserer modernen, technisch-digitalen Welt würde eben ein gesellschaftlich spürbares Mehr an diesem „communis“ sicherlich gut tun! „Der Mensch ist kein abstraktes, außer der Welt hockendes Wesen. Der Mensch, das ist die Welt des Menschen, Staat, Sozietät “, so Marx doch wohl hochaktuell.

Angesichts der ernsten Krise, die sich mit fatalen Folgen diverser Natur in dieser Zeit – und das völlig unerwartet – abspielt, erleben wir tatsächlich wieder eine Gesellschaft, die auf Solidarität setzt, die eigentliche Lektion, die uns Marx in dieser Zeit vermittelt. Viele sorgen sich um die Älteren, um Kranke, um Menschen, die ihren Job machen und sich einer Ansteckungsgefahr mehr als andere aussetzen – man achtet einander wieder mehr, wir kümmern uns umeinander und das haben wir ernst zu nehmen – und das ist gut so! Die Solidargemeinschaft, das Gemeinwohl und das wiederbelebte Gemeinschaftsgefühl, das „communis“ eben, kann demnach absolut funktionieren, wie die Umstände uns lehren.

Es kann bekanntlich nichts so schlecht sein, dass es nicht auch für etwas gut ist.

Und Marx kann absolut recht haben – dazu gäbe es durchaus noch weitere hochaktuelle Statements aus der Feder des Mannes, der kein Marxist war…

Frank Bertemes