
Der höchste Grad von Ungerechtigkeit ist geheuchelte Gerechtigkeit.
Platon, griechischer Philosoph, 427–347 v. Chr
Es macht keinen Sinn, Krankheiten gegeneinander ausspielen zu wollen. Eine derartige Aussage dürfte wohl jedem einleuchten. Und nicht nur Krankheiten. Denn im Endeffekt geht es um Menschen und um menschliche Schicksale – direkt oder indirekt Betroffene. Ein gegeneinander, statt ein miteinander – kein füreinander (mehr)? Als bescheidener Humanist als kritischer Beobachter des Zeitgeschehens stellt man sich auch im Kontext „Krankheiten“, besonders aber der sogenannten „seltenen“ Krankheiten (von denen allerdings rund 30.000 Menschen hierzuländchen betroffen sind!) und das als (glücklicherweise) nicht einmal direkt Betroffener, so seine Fragen zu diesem delikaten Topic. Ein unangenehmes Thema, das jeder tunlichst ignorieren will. Bei diesen allgemein eher ungefragten, weil unspektakulären Gedankengängen in unserer digitalen Spaßgesellschaft des „just fun“ , fällt man unweigerlich auf einen Begriff, der betroffen macht – und besonders unsere politische Klasse aufrütteln müsste: Vernachlässigung! Sprich: das ständige und/oder wiederholte Unterlassen fürsorglichen Verhaltens. Ein Vorwurf, der einem Sozialstaat eigentlich unwürdig sein müsste. Vernachlässigung also. Dabei kommt es u. a. zu einer Mangelversorgung bei der Ernährung, Körperhygiene, gesundheitlichen Versorgung, Beaufsichtigung und Betreuung, emotionalen (liebevollen) Zuwendung und intellektuellen und psychosozialen Förderung. Oft kommt es auch vor, dass jemand vergessen oder ihm Hilfe vorenthalten wird. Das alles als generelle Bemerkungen und Erklärungen zu diesem wahrlich unangenehmen Terminus. Der allerdings im Kontext dieser Zeilen Sinn macht - leider!
Deutlicher, schlimmer wird es nämlich, wenn man auf einmal und wie aus heiterem Himmel (und der war dann mal heiter) und ob einer entsprechenden ärztlichen Diagnose selbst, meint persönlich, oder aber in seinem direkten Umfeld betroffen wird – spätestens dann erkennt man den Ernst der Lage, die (vermeintliche) Ausweglosigkeit der Situation. Und dann erfolgt unweigerlich aber sicher der Ruf nach Hilfe! Dann ist man nämlich froh, wenn es Organisationen gibt, die Hilfe anbieten können, die allerdings nur begrenzt sein kann, wenn man beispielsweise aus Selbstinitiative und rein privatim als betroffene Personen aktiv wird: wie beispielsweise die beachtliche und (wie betont) private Organisation „Wäertvollt Liewen“, die als e.V. ALS-Patienten oder Menschen mit einer ähnlichen Pathologie Unterstützung anbietet. Da es sich bei diesen Patienten um chronisch-kritisch Kranke mit einer 24 auf 24 Stunden Intensivbetreuung handelt, braucht man wohl nicht besonders zu betonen, dass diese Behandlung und Betreuung zu Hause, neben dem rein medizinisch-menschlichen Faktor natürlich ebenfalls eine erhebliche finanzielle Belastung darstellt. Wissend, dass ohne diese Form eines Behandlungsmodells, wie es die Familie Scheer – Pfeifer in engagierter Selbsthilfe selbst aufbaute, die man heuer durchaus als innovatives Modell eines staatlichen Kompetenzzentrums – das darüber hinaus auch noch eins zu eins umsetzbar wäre – ansehen kann, die Situation eines ALS-Patienten unmöglich wäre. Wäertvollt Liewen” e.V. möchte im Großherzogtum Luxemburg nämlich konkret am Aufbau eines nationalen Referenz- und Kompetenznetzwerks für Patienten mitwirken, die an einer Amyotrophen Lateralsklerose (ALS) oder einer ähnlichen Pathologie erkrankt sind. Und das entsprechende, von Jean-Marc Scheer und seiner Frau Nathalie penibel genau ausgearbeitete Konzept liegt den kompetenten staatlichen Autoritäten seit kurzem nämlich vor!
Um auf den Beginn zurückzukommen und um unmissverständlich zu betonen, dass es eben keine „Behandlungs-Wert-Klassifizierung“ irgendeiner Krankheit geben darf – außer der persönlichen Einschätzung der Konsequenz einer entsprechend (fatalen) Diagnose (meint Behandlung: Ja oder Nein, je nach persönlicher Einschätzung), muss eines klar sein: Neben dem absoluten Recht auf aktive Sterbehilfe (wie der Zeilenschreiber als Verfechter dieses Rechtes mittels einer entsprechenden Verfügung klar einer ist), gibt es immer noch (und vor allem) ein Recht auf Leben! Muss man in diesem Zusammenhang tatsächlich die UN-Menschenrechtscharta (Artikel 3 des Textes) bemühen, sprich das garantierte Recht jedes Menschen auf Leben, Freiheit und Sicherheit? Das hier angesprochene Recht auf Leben ist eine zentrale Garantie in der Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte, denn es ist regelmäßig eine conditio sine qua non für die Ausübung der anderen Menschenrechte. Offiziell und laut Artikel 3 der Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte vom 10. Dezember 1948: Jeder hat das Recht auf Leben, Freiheit und Sicherheit der Person.
Wenn man schon als Regierung viel Geld hat, um diverse aktuelle Nation-branding Projekte durchzuziehen (ohne irgendeinen bewertenden Kommentar an dieser Stelle, das sei fairerweise und im Sinne des Titels dieses Beitrages auch ausdrücklich betont), dann sollte man als politisch Verantwortliche im Sinne der absoluten Priorität des kranken Mitmenschen entsprechend allen Therapiemöglichkeiten, inklusive der entsprechenden Infrastrukturen , vorrangig, ohne Wenn und Aber, ethisch verantwortungsbewusst zu handeln bereit sein!
Ein absolutes Must!
Denn, so der griechische Philosoph Protagoras klar und deutlich :
„Der Mensch ist das Maß aller Dinge“.
Frank Bertemes